Detaillierter Bericht zum Schwalheimer Bürgerdialog
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Das war deutlich!
Die Mehrheit der Schwalheimer Bürger hat am Montagabend keinen Zweifel daran gelassen, dass sie kein Interesse an einer Bebauung des Gebiets „Auf dem Forst“ haben, ganz gleich wie diese aussehen könnte.
In der bis auf den letzten Platz gefüllten Mehrzweckhalle in Schwalheim hatte Bürgermeister Klaus Kreß zum Bürgerdialog eingeladen. Nach einer kurzen Einführung durch den Moderator Matthias Wieliki wurden die Bürger von Bürgermeister Klaus Kreß und Stadtplaner Jürgen Patscha begrüßt. Anfänglich hatten die Aktivisten der Bürgerinitiative „Die Wettertaler“ wenig Gegenliebe für das angedachte Dialogkonzept, welches nicht versprach zu einem Dialog zu führen, da zunächst Themen gesammelt werden sollten, deren Beantwortung im späteren Verlauf geplant war. Nachdem der Bürgermeister und Herr Patscha aber bereitwillig auf die Fragen eingingen, entwickelte sich der gewünschte Dialog.
Von den ca. 200 Bürgern kamen nach und nach ausschließlich kritische Wortmeldungen von unterschiedlichen Teilnehmern. Die Fragen und Stellungnahmen waren mehrheitlich sachlich und ruhig. Nur bei wenigen Fragen wurde es auch mal emotional, was Bürgermeister Klaus Kreß allerdings begrüßte, weil dies aus seiner Sicht „ein Zeichen für Engagement ist“. Am Ende der Veranstaltung bedankte sich Klaus Kreß sogar für den vorbildlichen Ablauf der Gespräche im Vorfeld sowie für die sachliche Diskussion und sagte: „Ich danke allen Beteiligten, dass es super fair abgelaufen ist. Das habe ich in anderen Stadtteilen anders erlebt, das war wirklich OK.“
Im Verlauf der Gespräche konnten die Bürger ihre Sorgen formulieren und Stellungnahmen abgeben. So konnte geklärt werden, dass FingerWohnbau noch kein Eigentümer der Flurstücke in der Gemarkung “Auf dem Forst” ist und es auch erst zu dem Zeitpunkt wird, wenn ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt. Das entkräftet die teilweise getroffenen Pauschalaussagen aus Politik und der Wetterauer Zeitung die FingerWohnbau sei bereits im Besitzt der Grundstücke. Somit konnte der bei vielen Bürgern entstandene Eindruck, dass alles bereits entschieden sei und ein Protest keine Aussicht auf Erfolg habe, entkräftet werden.
Unser Ortsbeiratsmitglied Dieter Hahn hat einen fundierten Vortrag über den erhaltenswerten wertvollen Boden der Wetterau gehalten, und unter verärgerten Zwischenrufen der Handvoll Bebauungsbefürworter im Saal, gemahnt, im christlichen Glauben sich die Welt zwar untertan zu machen, dies bedeute aber nicht die Welt zu zerstören.
Das BI-Mitglied Ortwin Faatz betonte sachlich das Unverständnis der BI, dass FingerWohnbau zu einem Bürgerdialog eingeladen wurde, zumal im Vorfeld immer wieder seitens Presse und Politik im Raum stand, dass noch nichts passiert sei. Auch diese Wortmeldung wurde von Zwischenrufen der Bebauungsbefürworter gestört.
Herr Edgar von Neufville stellte die berechtigte Frage nach dem deutlich zunehmenden Verkehr, der mit dem Neubaugebiet einhergehen würde und dass bereits heute die Anrainer der Hauptstraßen sehr stark unter dem aktuellen Verkehr litten. Diese Frage hatte es zwar auf ein Themenkärtchen geschafft, wurde aber unter dem Begriff Infrastruktur zusammengefasst. Somit fiel dieses wichtige Thema im weiteren Verlauf unter den Tisch und blieb komplett unbeantwortet.
Anmerkung:
Gleichwohl möchten wir an dieser Stelle deutlich betonen, dass dies per se kein Vorwurf an den hervorragenden Moderator oder das Format des Bürgerdialogs an sich ist, sondern der Situation geschuldet und passieren kann, wenn viele Menschen gemeinschaftlich diskutieren.
Die Frage von dem BI-Mitglied Volker Lage nach einem Gesamtkonzept wurde sehr wortreich von Herrn Patscha kommentiert, indem er den Zuhörern darstellte, was die Stadt in den letzten Jahren alles geleistet hat. Die eigentliche Frage, ob es ein Gesamtkonzept für die strategische Stadtplanung gibt, blieb indes aber offen.
Weiterhin wurde nach der bestehenden Umweltprüfung des Regionalverbandes gefragt, welche feststellt, dass eine Bebauung des Gebietes „Auf dem Forst“ mit „sehr erheblichen“ Auswirkungen verbunden ist. Unter anderem reiche die Wirkzone der Bebauung in den Auenverbund Wetterau hinein. Der Nachfrager wollte wissen, wie diese Auswirkungen verantwortet werden können. Herr Patscha verwies diesbezüglich auf ein Gutachtenpaket, was im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan erstellt werden müsste. Somit blieb die eigentliche Frage in Verbindung mit der bereits bestehenden Umweltprüfung des Regionalverbandes offen.
Frau Petra Jung meldete sich zu Wort und gab zu Protokoll seit über 40 Jahren in Schwalheim zu wohnen. Sie sagte, das dieses Gebiet die Seele Schwalheims sei, und fragte warum man dieses frequentierte Naherholungsgebiet zerstören muss. Sie schloss weiterhin die berechtigte Frage an, warum dieses Gebiet den Schwalheimern genommen werden soll, wie auch den Bad Nauheimer Kurgästen, die dort ihre Walking- und Radtouren zum Sauerbrunnen machen.
Ortsbeiratsmitglied Alexander von Bischoffshausen fragte, ob es gem. Presseverlautbarung richtig sei, dass dem Ortsbeirat eine besondere Kompetenz zugesprochen werde. Weiterhin fragte er, ob der Ortsbeirat zur Herstellung einer objektiven Entscheidungsfähigkeit mit Informationen ausgestattet werden würde. Als Antwort wies Bürgermeister Kreß das Protokoll der Beschlussfassung der Ortsbeiratssitzung vom 11.12.2019 scharf zurück. Im Protokoll der Ortsbeiratssitzung stand laut Kreß, dass er die Planung dem Magistrat zur Abstimmung vorgelegt hätte. Kreß führte weiter aus, dass dies falsch sei und unterstrich, dass er lediglich dem Magistrat den Plan von FingerWohnbau vorgestellt hatte und dieser beschlossen hatte, in ein neues Format – nämlich den Bürgerdialog – zu gehen. Der Bürgermeister bekräftigte, dass der Magistrat sich mit der Problematik auf Basis des Bürgerdialogs und auf Basis der Entwicklungsideen von FingerWohnbau befassen wolle. In diesem Prozess werde auch der Ortsbeirat gehört, welcher ein entsprechendes Gewicht mit sich bringe. Erst danach werde im Magistrat ein Beschluss gefasst. Zur Entscheidungskompetenz sagte er klar, dass der Ortsbeirat zwar eine wichtige Rolle zum Entscheidungsprozess beitrage, er habe aber als Gremium keine direkte Entscheidungsgewalt, da abschließend die Stadtverordnetenversammlung entscheide. Herr Kreß fügte aber hinzu „Es soll ein Vorteil für die Menschen entstehen, die hier leben, und wir wollen natürlich nichts an den Menschen vorbei entwickeln.“
Anmerkung:
Die BI möchte an dieser Stelle das deutliche Votum der schwalheimer Bürger gegen eine Bebauung an den Ortsbeirat, an den Magistrat und alle Stadtverordneten herantragen, und diese Gremien auffordern, sich im Sinne der Bürger gegen eine Bebauung auszusprechen.
Herr Patscha wurde vom Moderator gebeten auf diverse Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Bebauung ergeben hatten, eine Antwort zu geben. Auf Befürchtungen, dass zusätzlich benötigte Kanäle, welche ggf. auch nicht direkt im Baugebiet liegen, Kosten auf die Schwalheimer zu kommen, teilte Herr Patscha mit, dass alle notwendigen Baumaßnahmen in Bezug auf das Neubaugebiet ausschließlich von FingerWohnbau zu tragen sei. An dieser Aussage zweifelte das Ortsbeiratsmitglied Dieter Hahn und fügte hinzu, dass das was in der Brunnenstraße in Bezug auf Kanalisation notwendig werden würde, wenn das Baugebiet kommt, die Anwohner der Brunnenstraße zu zahlen hätten und verwies auf die aktuelle Situation „Am Promenadenweg“. Herr Patscha gab aber nochmals zu verstehen, dass ausnahmslos alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Neubaugebiet entstehen würden – und somit auch der Kanal in der Brunnenstraße – von FingerWohnbau zu tragen sei.
Anmerkung:
Diese Aussage dürfte der Firma FingerWohnbau die weitere Erschließung deutlich verteuern.
Im Weiteren hatte Herr Patscha deutlich gemacht, dass der Flächennutzungsplan bereits seit 20 Jahren existiere, und dieser seither trotz diverser Einsprüche weiterhin Bestand hat. Dieser Argumentation konnte Bianca Herrmannsdörfer nicht folgen. Sie stellte die Frage, wie man auf eine 20 Jahre alte Argumentation zurückgreifen könne. Sie führte weiterhin aus: „Haben Sie die Entwicklung der letzten Jahre nicht mitbekommen? Seit kurzer Zeit gehen Jugendliche auf die Straße, weil sie sagen – So nicht mehr!“ Was mit großem Applaus der Anwesenden unterstützt wurde. Der Appell von Frau Herrmannsdörfer an die Politik, mal innezuhalten und das Handeln zu überdenken, war deutlich. Herr Patscha gab der Argumentation vollkommen recht und hatte daraufhin bestätigt: „sollte es neue Erkenntnisse geben, dann muss der Flächennutzungsplan geändert werden“.
Der Bürgermeister hatte im späteren Verlauf zu diesem Thema hinzugefügt, dass er der Argumentation folgen könne und sagte daher „Was vor 20 Jahren richtig war, muss heute nicht richtig sein.“
Auf Nachfragen von Frau Kreuter, warum Schwalheim wachsen müsse, antwortete Herr Patscha, dass es erstens einen Flächennutzungsplan gibt, zweitens der Schwalheimer Ortsbeirats drängt, weil dieser der Meinung ist, dass die Menschen aus Schwalheim wegziehen würden und als dritten Punkt nannte er die tatsächliche Entwicklung von Schwalheim. Herr Patscha führte aus, dass der Ortsbeirat regelmäßig auf den Bürgermeister und die Stadtplanung mit der Bitte zugekommen war, das Gebiet endlich zu entwickeln.
BI Sprecher Uwe Kreuter fügte der Aussage von Herrn Patscha hinzu, dass er nicht glauben könne, dass sich der gesamte Ortsbeirat seit Jahren zu diesem Thema bei der Stadt melden würde, sondern er glaube vielmehr daran, dass es sich um nur einige wenige Personen aus diesem Gremium handeln könne. Dies wurde von dem Schwalheimer Ortsbeiratsmitglied Dieter Hahn unterstützt. Bürgermeister Klaus Kreß bestätigte dies und sagte, dann wenn wir vom Ortsbeirat sprechen, dann sicherlich nur von der Spitze es handle sich nicht um das Gremium in Gänze.
Im Weiteren ging es auch um die historische Entwicklung sowie die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre in Schwalheim. Hier berief sich der Stadtplaner auf die Einwohnermeldezahlen. Herr Patscha stellte dar, dass am 01.01.2005 in Schwalheim 2.266 Einwohner und am 01.01.2019 insgesamt 2.035 Schwalheimer gemeldet waren.
Herr Kreß fügte zu diesem Thema hinzu, dass man sich als Stadt durchaus Gedanken darüber machen müsse wenn es einen Messbaren Rückgang der Bevölkerung geben würde, mahnte aber gleichwohl das er aus Erfahrung sagen kann, dass eine Integration zugezogener Bürger als Gewinn für Vereine etc. durchaus auch ein bis zwei Generationen dauern könne.
Herr Kreuter stellte daraufhin die Frage in den Raum warum die Zahlen so dargestellt werden, damit die Differenz möglichst groß ist. Er berief sich auf den im Jahre 2011 erhobenen Mikro-Zensus, auf Zahlen des Regionalverbandes Rhein-Main sowie der Bertelsmann-Stiftung und stellte dar, das Schwalheim seit 2011 effektiv 82 Einwohner weniger hat. Im Folgenden beschrieb er den aus dem demographischen Faktor hervorgehenden „natürlichen Faktor“ des Bevölkerungsrückgangs, welcher bei minus sieben pro tausend Einwohner liegt. Hierdurch schrumpft Schwalheim bei ca. 2000 Einwohnern theoretisch im Schnitt um 14 Einwohner pro Jahr, dies ergibt innerhalb der oben dargestellten acht Jahren einen Rückgang von 112 Einwohnern. Da seit 2011 aber nur ein Rückgang von 82 Einwohner zu verzeichnen ist, kann man sagen, dass sogar 30 Einwohner nach Schwalheim zugezogen sind. Herr Kreuter führte weiter aus, dass die Familien, die hier zuziehen Gebäude aus dem Bestand kaufen und diese dann Sanieren und zur Gemeinschaft im Ort ihren Beitrag leisten.
Eine weitere Wortmeldung einer Dame zur Einwohnerentwicklung in Schwalheim blickte ebenso ohne Besorgnis auf eine mögliche Verkleinerung. Sie stellte dar, dass viele Häuser in den ehemaligen Neubaugebieten deren Eigentümer oftmals 65 Jahre und älter sind, in absehbarer Zeit Stück für Stück auf den Markt kommen werden. Daher habe sie überhaupt keine Angst, dass sich die Zahl der Schwalheimer in absehbarer Zeit deutlich verkleinern könne.
Dieses Thema wurde auch von Frau Herrmannsdörfer ergänzt, sie beleuchtete die Situation des Kindergartens und der Schule. Sie führte aus, dass obwohl die Einwohnerzahl in den letzten Jahren etwas rückläufig war, zu keiner Zeit eine Schulklasse in Schwalheim nicht zustande kam und die Kinder nach Rödgen gefahren werden mussten oder dass irgendein Leerstand im Kindergarten zu verzeichnen war. Sollte das Baugebiet allerdings kommen und die Kapazität der nicht erweiterungsfähigen Schwalheimer Schule nicht ausreichen, wurde uns Seitens des Landrates mitgeteilt, dass die Schwalheimer Kinder mit dem Bus oder dem Elterntaxi nach Rödgen in die Schule gefahren werden müssen.
Anmerkung:
Dies begründet sich darin, dass die Wettertal-Schule in Schwalheim und Rödgen faktisch eine Schule ist. Die Kinder aus dem Goldsteingebiet, welche aktuell noch die Wettertal-Schule in Rödgen füllen, könnten zukünftig in die Grundschule an der Rotdornstraße in Bad Nauheim gehen, da diese erweitert werden soll. Der freigewordene Platz in der Wettertal-Schule in Rödgen kann dann mit den Kindern aus Schwalheim gefüllt werden.
Auf Nachfrage zur Innenentwicklung Schwalheims hat Herr Patscha mit Sorge auf ein Gebäude in der Brunnenstraße verwiesen, bei dem nicht genehmigte Umbauten vorgenommen und daher der Bau gestoppt wurde. Einen positiven Ausblick warf er aber auf das Areal der insolventen Firma Dingeldein, auf dem sicher 15 bis 20 Wohnungen entstehen könnten. Herr Patscha bekräftigte hier vorrangig an Qualität statt an Quantität zu denken, um die Qualität der Stadt Bad Nauheim hochzuhalten. Das Areal sei aber in privater Hand, weshalb die Stadt wenig Einflussmöglichkeiten habe. Trotzdem ist man guter Dinge, dass man entsprechend lenkend einwirken könne.
Hinsichtlich Innenentwicklung kam dann aber doch die Frage auf, ob die Stadt nicht doch mehr tun könnte, um Anreize zu schaffen, leerstehende Gebäude oder brachliegende Flächen wieder nutzbar zu machen.
Die Antwort gab Herr Kreß sinngemäß, dass das, was sich die Stadt leisten kann gemacht werden würde und blieb damit an der Oberfläche des komplexen Themas. Der Bürgermeister sprach sich in diesem Zusammenhang aus, keine Steuererhöhungen für Anreize in Bezug auf Innenentwicklungsmaßnahmen erheben zu wollen. Diese eingleisige Sichtweise wurde aus dem Publikum mit einigen Vorschlägen zum Thema Innenentwicklung quittiert. Das Statement eines Zuhörers hierzu war, „Die Politik kann Rahmenbedingungen schaffen. Sie machen die Möglichkeiten der Stadt kleiner als sie sind.“
Nach diesem Schlagabtausch moderierte Herr Wieliki den Auftritt Herrn Kuhls von der Firma FingerWohnbau an, welcher dann den Anwesenden in einer knappen halben Stunde das Unternehmen FingerWohnbau und die geplante Bebauung vorstellte. Herr Kuhl betonte eingangs, dass sein Unternehmen kein Investor sei und alles aus eigener Kraft stemmte. Als Modellfläche zur möglichen Bebauung in Schwalheim wurde ein von FingerWohnbau gerade in der Erschließung befindliches Gebiet in Nieder-Erlenbach aufgeführt.
Die Idee der Firma FingerWohnbau sei ca. 65 freistehende Einfamilienhäuser in Schwalheim zu errichten. Dies erschließe sich aus der Gesamtfläche des Gebietes abzüglich 35% für Straßen und öffentliche Plätze; der Rest geteilt durch 420 bis 450 qm Grundstücksfläche. Herr Kuhl sagte wörtlich: „Unter normalen Bedingungen der Erschließung des Wohngebietes…“ seien Häuser ohne Keller zu einem Einstiegspreis ab 499.000 EUR zu haben.
Anmerkung:
Die BI hat sich für Häuser in der genannten Modellfläche in Nieder-Erlenbach interessiert und bereitwillig von FingerWohnbau Informationen erhalten. Dort kostet aktuell eine Doppelhaushälfte auf einer Grundstücksfläche von ca. 200 qm und einer Wohnfläche von ca. 100 qm mind. 699.000 EUR in Grundausstattung. Die Dokumente können auf Wunsch bei uns eingesehen werden.
Herr Kuhl führte weiter aus, dass FingerWohnbau die Grundstücke von sechs Privatpersonen und der Stadt Friedberg gekauft hat. Am Anfang der Diskussion hatte er die Frage beantwortet, dass die Kaufverträge erst dann rechtsgültig werden würden, wenn ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt. Sollte demnach der Magistrat bzw. die Stadtverordnetenversammlung sich mehrheitlich gegen das Baugebiet aussprechen, bleiben die Grundstücke bei ihren ursprünglichen Besitzern. Das Wegegrundstück ist immer noch im Besitz der Stadt Bad Nauheim, hierüber würde erst im weiteren Verfahren entschieden werden. Weiterhin wurde von Herrn Kuhl dargestellt, dass aus seiner Sicht keine Umweltthemen gegen eine Bebauung sprächen, und es sich bei dem Baugebiet lediglich um Ackerland handeln würde. Zwischen der Bestandsbebauung und der neuen Bebauung würde ein Grünstreifen geplant werden, so dass ein Abstand von ca. 40-50 Metern von Haus zu Haus entstehen würde.
Damit endete der Vortrag, welcher in keiner Weise durch die anwesenden Bürger gestört wurde. Der Moderator eröffnete die Fragerunde an Herrn Kuhl von der Firma FingerWohnbau.
Nachdem die Bürger aus Schwalheim aber zunehmend fassungslos den Vortrag der Firma FingerWohnbau gefolgt waren, wurden im Folgenden keine Fragen an Herrn Kuhl gerichtet.
Herr Neufville richtete die erste Frage nach dem Vortrag ruhig und sachlich an den Bürgermeister und die Politik allgemein, dass überall davon gesprochen werde, dass Natur verloren gehe, Bienen der Lebensraum genommen werde und Tiere verschwinden würden, je näher der Mensch an sie heranrückt. In anderen Städten versuche man aktiv diesen Trend aufzuhalten und hier scheine das genaue Gegenteil stattzufinden. Dieser Beitrag wurde mit dem deutlichen Applaus der Schwalheimer bedacht.
Als Nächstes betonte Frau Herrmannsdörfer ebenfalls sachlich, dass die Stimmung im Saal klar gegen eine Bebauung sei und führte aus, dass der Vortrag von Herrn Kuhl eine schallende Ohrfeige für die Argumente der BI und damit für die vielen hundert Gegner der Bebauung sei. Sie setzte sich gegen die Aussage von Herrn Kuhl zur Wehr, dass es „nur Äcker“ seien, die bebaut werden sollen, und sagte wörtlich: „Ich glaube es wurde hier irgendwo im Saal gesagt: Es ist die Seele Schwalheims“ und bezog sich dabei auf einen anderen Redebeitrag zum Wert des Naherholungsgebietes, welches durch die Schwalheimer sowie auch von Kurgästen und anderen Menschen genutzt wird.
Herr Kreuter meldete sich zu Wort und betonte, dass die BI dem Unternehmen FingerWohnbau nichts Böses wolle, stellte aber gleichzeitig klar, dass die Interessen zwischen BI und FingerWohnbau diametral auseinander liegen, und er daher den Zeitpunkt des Vortrags der Firma im Gesamtkontext für ungeeignet hielt. Dem entgegnete der Bürgermeister, dass die Verpflichtung der Stadt darin besteht, alle Bürger vollumfänglich zu informieren, was in dem Format des Bürgerdialogs versucht wurde. Gleichzeitig zeigte sich der Bürgermeister aber verständnisvoll dafür, dass es der BI nicht um das WIE, sondern ausschließlich um das – OB gebaut wird – ginge.
Der nächste Redebeitrag einer Schwalheimer Bürgerin bekräftigte, dass es sich um das OB handelt, denn nach einer Bebauung sei die wertvolle Ackerfläche unwiederbringlich verloren.
Die Frage „kann fruchtbarer Acker anderweitig genutzt werden“, beantwortete Herr Patscha mit einem klaren „Nicht bauen!“
Der früherer Schwalheimer Ortsvorsteher, Herr Dr. Wolfgang Bockenheimer, gab zu verstehen, dass Schwalheim bereits früher Flächen an Bad Nauheim abgegeben hatte. Das gesamte Gewerbegebiet „Im langen Morgen“ liegt in der Schwalheimer Gemarkung. Er stellte die Frage, warum Schwalheim weitere Flächen opfern sollte, obwohl bereits die beschriebenen Flächen an die Stadt abgegeben wurden. In seiner Zeit als Ortsvorsteher Schwalheims wurde ihm von einer Frau aus dem Planungsamt bestätigt, dass die komplette Fläche in der Gemarkung „Auf dem Forst“ nicht bebaut werden könne, weil dies ein erheblicher Eingriff in die Natur darstellen würde. Er zeigte deshalb Unverständnis für den Vortrag der Firma FingerWohnbau, die in diesem kein Problem in der Bebauung gesehen hat.
Die Folgen aus der Bebauung würden laut Herrn Patscha durch entsprechende Gutachten im Rahmen eines Bebauungsplanes ermittelt und an möglichst gleicher Stelle oder in der Nähe des potentiellen Baugebietes durch Ausgleichsflächen kompensiert werden.
Anmerkung:
Wir stellen uns an dieser Stelle die Frage, woher die ganzen Ausgleichsflächen für die vielen Bebauungen in der Region kommen sollen, denn Land vermehrt sich nicht, und der Handel mit Ausgleichsflächen ist ebenfalls nicht neu. Wir verweisen auf die geplanten Neubauten wie Recyclinghof in nächster Nähe zum Brunnenwärterhaus sowie die Erweiterung der Gewerbefläche „Auf dem Schützenrain“. Zumindest letztere Fläche ist nach unserer Information aktuell ebenfalls Ausgleichsfläche, die jetzt aber versiegelt werden wird. Wir fragen uns, wo die Ausgleichsfläche für diese Ausgleichsfläche liegt.
Unser wertvolles Land wird immer weiter zugebaut, bis es keine Ausgleichsflächen mehr gibt und dies, weil politische Rahmenbedingungen dies zulassen. Nur weil etwas rechtlich zulässig ist, ist es noch lange nicht ethisch oder richtig. Wir bitten jeden Politiker dies zu berücksichtigen, wenn er seine Entscheidung fällt, und raten dringend zu einem Umdenken.
Im Anschluss wurde von Herrn Dieter Heßler die Frage gestellt, ob die Firma FingerWohnbau entkräften könne, dass sie sehr viele Millionen EUR Gewinn alleine durch Erwerb und Verkauf des Bodens erlösen würde.
Herr Kuhl entgegnete, dass die zu schaffende Infrastruktur auf dem Gelände etliche Millionen EUR kostet (30-40% für Straßen und öffentliche Plätze) und dass die Erschließung technisch zwar machbar, aber durchaus schwierig und anspruchsvoll sei. Zu dem potenziell realisierbaren Gewinn wollte er sich jedoch nicht äußern und bot an, gerne gemeinschaftlich zu kalkulieren.
Anmerkung:
Herr Kuhl sagte in seinem Vortrag, dass der Kaufpreis für ein preisgünstiges Einstiegshaus ohne Keller bei 499.000 EUR beginne, aber mit der Einschränkung, dass dieser Preis nur Bestand hat, wenn die Erschließung unter normalen Bedingungen abliefe. Wie Herr Kuhl aber mitteilte und wie im späteren Verlauf auch Herr Patscha bestätigte, wird die Erschließung des Gebietes aber als sehr schwierig und aufwändig eingeschätzt. Demzufolge bezweifeln wir, dass der Preis für ein Einstiegshaus ohne Keller unter 500.000 EUR haltbar ist.
Wie bereits in unserer Anmerkung weiter oben erwähnt, betragen die Preise in der von FingerWohnbau angeführten Modellfläche bei einer Grundstücksfläche von ca. 200 qm und einer Wohnfläche von ca. 100 qm 699.000 EUR aufwärts.
Auf die weitere Frage, ob nicht die Stadt dieses Gebiet selbst erschließen könne, antwortete Bürgermeister Klaus Kreß, er würde einen Teufel tun und Flächen aus dem Flächennutzungsplan mit Steuergeldern aufkaufen, ohne zu wissen, ob diese entwickelt werden können. Dies wäre Veruntreuung von Steuergeldern. Weiterhin führte er aus, dass – wie sich in der Diskussion am Bürgerdialog bisher zeigte – die Möglichkeit besteht, dass keine Entwicklungschance für das Gebiet vorhanden ist, denn es geht hier nicht um das WIE sondern um das OB. Demzufolge wäre das Ergebnis das gleiche, auch wenn die Stadt die Fläche entwickeln würde.
In diesem Zusammenhang bat Herr Kreß einen der Sprecher der BI, Herrn Uwe Kreuter, um ein Statement, ob es ein anderes Ergebnis geben würde, wenn die Stadt selbst die Fläche entwickeln würde.
Die Antwort von Herrn Kreuter war ein klares: „Nein! Wir hätten kein anderes Ergebnis.“
Anmerkung:
Dies war nur folgerichtig, denn die BI spricht sich in der Gemarkung “Auf dem Forst” gegen jede Bebauung aus, egal wie diese aussieht.
Frau Kreuter fragte den Bürgermeister, wie viel Votum es braucht, um das Baugebiet zu verhindern. Sie stellte klar, dass bereits mehrere hundert Bürger aus ganz Schwalheim die BI Petition gegen das Baugebiet unterschrieben haben.
Der Bürgermeister entgegnete darauf hin, dass der Magistrat zur Kenntnis genommen hat, dass es Ideen zur Entwicklung des Gebietes gibt, und dass wir davon ausgehen dürfen, dass der Magistrat nicht nur auf der Basis dieser Ideen entscheiden wird, sondern auch auf Basis des aus seiner Sicht repräsentativen Feedbacks dieses Bürgerdialogs, welches ein klares Votum gegen die Bebauung gezeigt hat. Herr Kreß hat glaubhaft versichert, dass sich der Magistrat eingehend beraten und es sich dabei nicht leicht machen wird.
Am Ende einer langen Diskussion wurde von Herrn Herrmannsdörfer nochmal das Thema Bodenschutz aufgegriffen und die Frage in den Raum gestellt, wodurch die Wetterau geprägt wird. Es herrschte Einigkeit darüber, dass die landschaftliche Schönheit von Ackerbau und Auenlandschaft der Wetterau ein Garant für Tourismus und Kurgäste ist. Herr Herrmannsdörfer führte weiter aus, dass dieses positive Bild der Wetterau Stück für Stück durch die fortschreitende Bebauung verloren geht, und schloss mit einem Appell an die verantwortlichen Politiker, sich mit diesem Thema ernsthaft zu beschäftigen und umzudenken. Hierzu verwies er auf die Homepage der BI „wettertaler.info“, auf der viele Argumente für aktiven Bodenschutz zusammengetragen wurde.
In diesem Zusammenhang bat Herr Wieliki als Moderator Herrn Patscha auf die noch offenen Fragen der Zersiedelungsproblematik und der Grundwasserproblematik um eine Antwort.
Herr Patscha gab zu verstehen, dass dies Teil des Gutachtenpakets sei, welches im Rahmen der Erschließung getätigt werden müsse. Herr Patscha sagte „Wir wissen, dass aufgrund der Höhenlage die Entwässerung des Gebiets nicht einfach wird und das wird auch nicht günstig.“
Nach weiteren Einwendungen zum Thema wer das Gebiet entwickeln soll hat Herr Patscha eine klare Kante gezeigt und sagte, dass er dem Magistrat aufgrund der Erschließungskomplexität und der damit verbundenen Unwirtschaftlichkeit sowie der Gemengelage bei den Schwalheimer Bürgern nicht empfohlen hätte, das Gebiet zu kaufen.
Zum Abschluss der Veranstaltung fragte Herr Hans-Jürgen Jung den Stadtplaner Jürgen Patscha mit einem Augenzwinkern, was passieren würde, wenn er auf die Idee kommen würde, ein ähnliches Vorhaben im Bad Nauheimer Südpark zu verwirklichen. Herr Jung gab gleich die Antwort dazu, dass Herr Patscha sich dann wohl nirgendwo mehr blicken lassen könne. Er schloss seinen Vergleich damit, dass das Gebiet worum es den Schwalheimern ginge quasi ein Stück vom „Schwalheimer Park“ sei, um den Wert der Fläche für die Schwalheimer darzustellen. Herr Patscha antwortete ebenfalls mit einem Augenzwinkern, es sei nicht der Park, sondern die Seele Schwalheims. Herr Jung richtete seinen Appell an alle Politiker, dieses Stück nicht zu vernichten.
Zum Abschluss des Bürgerdialogs versprach Bürgermeister Klaus Kreß nochmals, dass der Magistrat sich intensiv beraten wird. Weiterhin warb er beim Ortsbeirat um Verständnis, dass nicht der vom Ortsbeirat geforderte bzw. gewünschte Weg eingehalten wurde, sondern der Weg über den Bürgerdialog gewählt wurde.
Herr Kress bedankte sich ausdrücklich bei allen beteiligten und betonte wie bereits Eingangs beschrieben, dass es ein super fairer Umgang mit einander gepflegt wurde und er dies sehr zu schätzen wisse.
Schlußbemerkung:
Dem können wir uns nur anschließen und danken dem Magistrat und Bürgermeister Klaus Kreß für die Möglichkeit, im Rahmen des Bürgerdialogs vor jeder Beschlussfassung unsere Bedenken äußern zu dürfen. Durch die Veranstaltung wurde ein großes Stück des zwischenzeitlich verloren gegangenen Vertrauens wiederhergestellt. Wir hoffen sehr, dass die Bedenken der schwalheimer Bürger gehört werden und diesen ein hohes Gewicht zugesprochen wird,
…denn wie der Bürgermeister sagte, sollte nichts an den Bürger vorbei entwickelt werden.