Schwalheim und die unsinnige Planung einer weiteren Versiegelung der wertvollen Wetterau
Was denn, schon wieder ein Leserbrief zum geplanten Neubau-Gebiet „Auf dem Forst“ in Schwalheim?
Ja, und das nicht, weil inzwischen Monate vergangen sind oder um die gleichen Argumente zu wiederholen
oder um sich in Erinnerung zu bringen, sondern weil ich immer noch überzeugen möchte. Worum geht es mir?
Ein erster Bereich: Repräsentative Demokratie. Während einer der wenigen Schwalheimer Ortsbeirats-sitzungen im Frühjahr 2020 – zu einer Zeit, als deren Vorsitzender meinte, zur Zeit sei alles gesagt (!) – meinte allerdings eines ihrer Mitglieder, nonchalant über die Stimme (genauer: Unterschriften) hunderter
Schwalheimer Bürgerinnen und Bürger einfach so hinwegsehen zu können. Ein anderes Beispiel:
Im Gespräch mit Stadtverordneten der Grünen Bad Nauheims fielen von deren Seite sinngemäß folgende
Äußerungen: „… Man kann dem Druck aus Frankfurt nicht widerstehen …“. Und: „… Vielleicht ist es besser, Häuser auf Wetterauer Ackerboden zu bauen als Pestizide zu spritzen, es ist ja nur Ackerboden …“. Nicht nur wegen dieser mehrheitsfähig scheinenden Meinung in der Fraktion der Grünen drängt sich mir ein Bewusstsein dafür auf, dass sich die Positionen der Parteien in Bad Nauheim kaum noch deutlich unterscheiden, dass die Ökologie bei den Grünen auf dem gleichen Level ist wie das Soziale bei der SPD, und insbesondere, dass man sich zur Zeit in Bad Nauheim mit einem ganzheitlich-nachhaltigen, nicht neoliberal-wachstumsorientierten Standpunkt nicht repräsentiert fühlen kann.
Natürlich ist ein politisches Mandat oftmals nicht einfach auszuüben und wird schwieriger, je umfang- und folgenreicher auch eine persönliche Entscheidung wird, zumal abhängig von den eigenen Zielvorstellungen. Aber ich frage mich und – soweit sie diese Zeilen lesen – auch unsere Stadtverordneten in der aktuellen Mandatszeit: Nach welchem Bild der Gesellschaft bzw. kommunalen Prioritäten, nach welchen Werten entscheidet man sich? Wie nachhaltig denken unsere politischen Vertreterinnen und Vertreter?
Und ein weiterer Bereich: Die Veränderungen in unserer Lebenswelt und ihr Einfluss auf unser Denken in den letzten Monaten. Wichtig ist mir hier als erstes das offensichtlich veränderte Bewusstsein einer wachsen- den Zahl von Menschen nicht nur in Deutschland bezüglich unserer ökologischen Lebensgrundlagen. Es wächst mit jedem zu heißen und viel zu trockenem Sommer, mit vertrockneten Wäldern, ausgetrockneten Flussläufen, gesunkenen Grundwasserspiegeln, oder hochaktuell mit den USA in der Klimazange zwischen gigantischen Waldbränden im Westen und einem Hurrikan im Osten des Kontinents – und das alles ausgerechnet in der Coronakrise. Die Folgen dieser weltumspannenden Pandemie – ob medizinisch, politisch oder wirtschaftlich – sind kaum absehbar. Viele Menschen sind davon überzeugt, dass es mit dem „Wachstum“ und der wirtschaftlichen Globalisierung so nicht weitergehen kann. Dazu wird im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise auch eine Neuorientierung auf regionale Gebiete
und hoffentlich auch eine Entwicklung weg von der schrecklichen Massentierhaltung sein. Zu diesem überholten Lebensbild gehören für mich auch die riesigen Logistikzentren, die auch in der Wetterau in Lich und Wölfersheim/Berstadt gebaut werden bzw. gebaut werden sollen, und das auf wertvollstem Ackerboden.
Für mich ist die Vielzahl der Argumente insgesamt – inklusive der bekannten – hinreichend für ein klares
„Nein!“ zu der geplanten Versiegelung „Auf dem Forst“. Ich denke, ich habe mehr gute Gründe als nur ein „Nimby“ („Not in my backyard“ – „Nicht in meinem Hinterhof“) und ich hoffe immer noch auf eine
akzeptable vernünftige politische Entscheidung.